Montag, 7. Juli 2014

Die Nassrasur und ihre Geschichte






Mit der Erfindung des Gillette-Rasierers vor rund 100 Jahren begann die Erfolgsgeschichte der Sicherheitsrasierer. Sie waren zwar nicht gründlicher als das bewährte Rasiermesser, aber die Zeiten änderten sich und es wurde mehr Wert auf Geschwindigkeit und einfache Handhabung gelegt. In unserer Zeit hatten die aktuellsten Mehrfachklingen-Rasierer mit oder ohne Wechselkopf sowie billigste Wegwerfschaber die Rasiermesser schon fast vollständig verdrängt und auf nostalgische Sammelobjekten reduziert. 


Die Nassrasur ist einfach gründlicher als die Elektrorasur - das bestreiten wohl nicht einmal die Vertreter der Trockenrasierer-Fraktion. Die Klinge des Nassrasierers/Rasiermessers schneidet das Haar direkt an der Hautoberfläche ab, die Messer des Elektrorasiers sind von dieser Oberfläche aber immer durch eine (wenngleich dünne) Schutzvorrichtung (Scherfolie o.ä.) getrennt. Zudem wird das Haar bei der Nassrasur vorher mit warmem Wasser und alkalischem Schaum dazu gebracht, sich aus dem Haarkanal hervorzuschieben. Das merkt man ganz deutlich, wenn man nach der Nassrasur beim Abspülen mit warmem Wasser die Haarspitzen noch ganz leicht fühlt - nach dem kalten "Abschrecken" aber nicht mehr. Für den Elektrorasierer muß das Haar und die Haut aber trocken sein (sonst ziept und hakt es fürchterlich), und der Tiefengewinn durch das Hervorschieben unterbleibt. Die Summe dieser beiden Effekte sowie die geringere Auflagefläche des Nassrasierers (bessere Konturenanpassung) machen Welten aus. Eine gute Nassrasur hält spielend bis zum nächsten Morgen - von abendlichem Bartschatten keine Spur! 


Die Geschichte


Bereits in der Steinzeit haben sich die Männer störender Gesichtshaare entledigt. Damals war dieser Vorgang allerdings meist noch weitaus schmerzhafter als heute: Die Höhlenmenschen rissen sich einzelne Haare aus, indem sie kleine harte Gegenstände – zum Beispiel zwei Muscheln – als eine Art prähistorische Pinzette benutzten. Doch schon damals wurde bereits mit ersten Rasiermessern experimentiert, und zwar in Form von Feuersteinen mit scharfen Kanten. Auch die Feuerrasur wurde zu diesen Zeiten praktiziert: das Wegkokeln der Barthaare mit einer Flamme. Es ist zu bezweifeln, dass es den Menschen damals in erster Linie um die Ästhetik ging. Vielmehr lässt sich vermuten, dass ein rasiertes Gesicht einfach hygienischer war und Parasiten wie Flöhen, Wanzen oder Läusen keinen Unterschlupf bot. 

Etwa 3000 v. Chr. wurden dank neuer Methoden der Metallverarbeitung in Indien und Ägypten erste Rasiergeräte aus Metall hergestellt, vorerst aus Kupfer. Schon damals stellte ein perfekt rasiertes Männergesicht in vielen Kulturen das Schönheitsideal dar, was sich aber im Laufe der folgenden Jahrtausende ständig wieder ändern sollte. 

356 v. Chr. erblickte einer der größten Rasurfans der Menschheitsgeschichte das Licht der Welt: der makedonische König Alexander der Große. Alexander war nicht nur selbst immer perfekt rasiert, sondern verlangte selbiges auch von seiner Armee. Der Grund dafür war wohl, dass ein Bart bei einem Handgemenge äußerst unpraktisch sein kann – schließlich kann der Gegner durch bloßes Dranziehen beim Bartträger große Schmerzen verursachen. 

In Rom wurde es bald darauf populär, regelmäßig zum Barbier zu gehen: Anstatt sich selber die Haare aus dem Gesicht zu entfernen, ließen die Männer, die das nötige Geld hatten, das von nun an lieber von professionellen Dienstleistern erledigen. Dieser Trend blieb lange bestehen und verschwand erst im 20. Jahrhundert n. Chr.

Über viele Jahrhunderte hinweg änderten sich die Methoden der Rasur nur unwesentlich. Im 18. Jahrhundert wurden in England schließlich die ersten Rasiermesser hergestellt, wie sie auch heute noch verkauft werden: mit einer Klinge aus Stahl, die in den Griff eingeklappt werden kann. Doch auch diese Erfindung hatte ihre Nachteile. Ein solches Rasiermesser war nur eine gewisse Zeit zu gebrauchen, dann musste die Klinge wieder geschärft werden. Eine Lösung für dieses Problem präsentierte der Amerikaner King Camp Gillette zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gillette – der übrigens kein Adliger war, sondern nur einen ungewöhnlichen Vornamen hatte – meldete damals das Patent für seinen doppelseitigen Sicherheitsrasierer an. Gillettes Erfindung, hierzulande auch Rasierhobel genannt, hatte zwei Eigenschaften, die die Prozedur des Rasierens revolutionieren sollten: Zum einen lag die Klinge nicht mehr offen wie beim herkömmlichen Rasiermesser, zum anderen war diese Klinge austauschbar und preiswert. Nach einmaliger Benutzung wurde sie einfach gegen eine neue ausgetauscht. Neben der Firma Wilkinson Sword gehört Gillette – heute Teil des Konzerns Procter & Gamble – immer noch zu den weltweit größten Herstellern von Utensilien für die Nassrasur. Der ehemalige Schwert-Hersteller Wilkinson war es, der die ersten Klingen aus rostfreiem Stahl auf den Markt brachte. Diese robusten und längere Zeit verwendbaren Klingen sind heute immer noch weltweit im Einsatz.

Bis heute variieren und perfektionieren die Rasiergerätehersteller die Erfindungen von Gillette und Wilkinson. Moderne Nassrasierer sind leichter, sicherer und effektiver als ihre Vorgänger. Mittlerweile gibt es auch Nassrasierer, für deren optimale Benutzung Batterien erforderlich sind: Durch leichte Vibrationen sollen die Barthaare aufgerichtet so und ein noch besseres Rasurergebnis erzielt werden.

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