Dienstag, 10. März 2015

Thomas Mann (Biografie)


Thomas Mann, geboren 1875 in Lübeck, gestorben 1955 in Zürich, ist einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Aber zu Lebzeiten polarisierte er: Den Konservativen war er zu intellektuell, den Linken zu deutsch und so manchem Schriftsteller Kollegen zu bürgerlich. Dabei war es am Ende vor allem seine Bürgerlichkeit, die Thomas Mann zum erbitterten Gegner der in seinen Augen barbarischen Nazis werden ließ.

Auch Nobelpreisträger beginnen bescheiden: Thomas Mann muss während seiner Schulzeit dreimal eine Ehrenrunde drehen. Selbst im Fach Deutsch kommt er über ein "recht befriedigend" nie hinaus. Kummer bereitet das vor allem seinem Vater. Der hoch angesehene Lübecker Kaufmann verfügt schon früh in seinem Testament, dass bei seinem Tode die Firma aufgelöst werden soll. Seinen beiden Ältesten, Heinrich und Thomas, traut er seine Nachfolge schlicht einfach nicht zu.

Thomas Manns Mutter ist da anders. Die Tochter eines deutschen Auswanderers ist bis zu ihrem sechsten Lebensjahr inmitten von brasilianischen Zuckerrohrplantagen aufgewachsen. Selbst eine begeisterte Klavierspielerin, hat sie Verständnis für die künstlerischen Ambitionen ihrer Kinder.
Dass das Erbe seiner Eltern in zwei so unterschiedliche Richtungen weist, hat Thomas Mann schon früh als sein Lebensthema erkannt und literarisch verarbeitet 

Erst Erfolg, dann Ehe

Auch Thomas Mann ist zur Anständigkeit wild entschlossen. Dank des Erbes seines Vaters, der 1891 stirbt, kann er bereits als junger Schriftsteller angemessen Hof halten. Seit dem Erfolg seines Romanerstlings "Buddenbrooks" von 1901 finanziert er sich ganz aus eigener Kraft. 1904 wagt er den nächsten Schritt zu einer bürgerlichen Existenz: Trotz seiner homoerotischen Neigungen wirbt er um die Hand von Katia Pringsheim, Tochter einer der wohlhabendsten Münchener Gelehrtenfamilien.

Die Heirat 1905 markiert den Anfang einer erfüllten Alltagspartnerschaft auf Lebenszeit. Katia wird ihm bis zu seinem Tod den Rücken freihalten - und das so aufopferungsvoll, dass auf ihrem Briefkopf nicht der eigene Name prangt, sondern "Frau Thomas Mann". Dass ihr Gatte immer wieder ein Auge auf junge Männer wirft - laut Thomas Mann eine rein ästhetisch motivierte Schwärmerei -, stört Katia offenbar nicht weiter. Glaubt man den Schilderungen der sechs Kinder, muss die Ehe der Eltern durchaus glücklich gewesen sein.

Kriegsgedanken


Seine Gründe erläutert er in seinem 1918 zu Kriegsende erschienenen Großessay "Betrachtungen eines Unpolitischen": Die westliche Zivilisation und ihre Werte der Freiheit, Gleichheit und Demokratie seien mit der deutschen Kultur, mit Innerlichkeit, Tiefe und Tragik unvereinbar. Deutschland müsse für einen Sonderweg kämpfen - für einen konservativ-autoritären Staat, der sich zwischen der Demokratie des Westens und dem in Russland entstehenden Sozialismus als etwas Eigenständiges behaupten könne.

Mit seiner Rede "Von deutscher Republik" revidiert Thomas Mann 1922 diese Haltung und wird zum Befürworter der Weimarer Demokratie. Ob aus ehrlicher Einsicht oder doch aus Berechnung, ist damals wie heute umstritten. Sicher ist nur, dass ihm die "Betrachtungen eines Unpolitischen" unter Nationalkonservativen nicht den Widerhall einbringen, den er sich gewünscht hat, stattdessen aber viele liberal Gesinnte verärgern.
1929 dann jedoch sein größter Erfolg: Thomas Mann wird der Nobelpreis verliehen. In der offiziellen Begründung ist allerdings nur von den "Buddenbrooks" die Rede, nicht von seinem 1924 erschienenen "Zauberberg" - für den Künstler eine schwere Kränkung.

Flucht ins Exil

Bereits bei der Preisverleihung in Stockholm rät ein Journalist den Manns, das er einen Teil des Preisgelds im Ausland lassen soll. Nur vier Jahre später müssen sie mit ansehen, wie ihnen die Nazis zuerst Ruhm und Reputation, dann Großteile ihres Vermögens und am Ende sogar die Staatsbürgerschaft rauben. Im Frühjahr 1933, kurz nach Hitlers Machtergreifung, entschließt sich Thomas Mann, von einer Vortragsreise durch Westeuropa nicht nach Deutschland zurückzukehren, sondern nach einigen Umwegen zieht es ihn nach der Schweiz wo er sich auch niederlässt.

1938 schließlich siedeln Thomas und Katia Mann in die USA über. Bei der Ankunft gibt er sich erstmals wieder kämpferisch. Auf die Frage eines Reporters, ob er das Exil als Last empfinde, antwortet er trotzig: "Wo ich bin, ist Deutschland! Ich trage meine Kultur in mir und betrachte mich nicht als gefallenen Menschen." Seit 1940 ruft er die Deutschen in monatlichen Radioansprachen zum Widerstand auf. Die British Broadcasting Corporation (BBC)strahlt die Sendungen in Manns alter Heimat aus - per Langwelle und damit an der Nazi-Zensur vorbei.

Parallel dazu beginnt er die Arbeit an seinem Roman "Doktor Faustus". Erschienen 1947, erzählt das Buch vom Pakt des Tonsetzers Adrian Leverkühn mit dem Teufel - eine furiose Abrechnung mit all jenen Traditionslinien der deutschen Kultur, die den Nationalsozialismus erst ermöglicht haben. Bei den Deutschen allerdings kommt diese radikale Selbsterforschung nicht gut an. Nach Kriegsende spricht man dem Exilanten ab, über das Leben unter Hitler überhaupt urteilen zu können. Dass er zudem die Bombardierungen deutscher Städte lediglich mit dem lapidaren Satz "alles muss bezahlt werden" quittiert, werden ihm die Deutschen lange übel nehmen.

Ende als Bildungsbürger ohne Heimat

Thomas Mann zieht es denn auch in keinen der beiden deutschen Staaten zurück - wohl aber nach Europa. Denn im strikt anti-kommunistischen Nachkriegs-Amerika muss sich selbst er, Bildungsbürger durch und durch, als vermeintlicher Sympathisant der kommunistischen Partei vor einem "Komitee für unamerikanische Aktivitäten" verantworten. Bald darauf lässt er sich erneut in der Schweiz nieder. Am 12. August 1955 schließlich stirbt Thomas Mann achtzigjährig im Züricher Kantonsspital an einem Riss in der Bauchschlagader.

Was bleibt von einem Autor, den Freunde, Kollegen und Feinde mal liebevoll, mal verächtlich "Großschriftsteller" nannten? Bis heute sind seine Bücher ein Lesevergnügen, doch mag das auch daran liegen, dass sein Erzählgestus schon zu Lebzeiten immer ein wenig altmodisch wirkte. Im chaotisch-gewaltsamen 20. Jahrhundert hat er noch einmal den gemächlichen Ton des großen Epikers angeschlagen.

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